31. Januar 2014

Bucaramanga - San Gil

Montag, 27. Januar

Los ging es also! Nachdem ich frühs noch alle meine Sachen gepackt und aufs Fahrrad geladen hatte, konnte ich mich dann also endlich in den Stadtverkehr von Bucaramanga stürzen. Vorher aber natürlich noch ein erstes Foto von mir mit Rad...

Katja und Christian, die bereits fast zwei Jahre unterwegs sind

Die ersten Meter waren dann schon erst mal eine Umstellung! Wenn da einige Kilos auf dem Fahrrad geladen sind, dann ist das Fahrverhalten doch ein bisschen anders. Und auch dem Randstein sollte man mit den seitlichen Taschen nicht mehr so nahe kommen. Nach dem ich mich die ersten paar hundert Meter eingewöhnt hatte (oder es mir eingeredet hatte), ging es dann auch gleich auf die dreispurige Hauptverkehrsstraße! Das war dann doch noch die größere Umstellung, vor allem bei dem Fahrverhalten der Kolumbianer...
Am Straßenrand tauchten dann auch immer wieder Fahrradverbotsschilder auf, aber bevor ich mich irgendwie durch die Seitenstraßen durchgekämpft hätte, wollte ich doch lieber auf dem direkten Weg bleiben bis mich die Polizei herauswinkt. Was mir natürlich klar war, das es nicht passieren wird, da sich niemand an mir störte, andere Fahrradfahrer auf der Gegenfahrbahn entgegenkamen und auch eine Frau ihren Kinderwagen am Rand entlang schob. Die großen LKWs waren erst mal schon beeindruckend, wenn sie knapp neben einem vorbeibrausten, aber deutlich schlimmer sind die kleinen Busse. Denn die fahren ohne Rücksicht auf Verluste und rasen sich durch alle anderen durchschlängelnd durch die Stadt.
Nach ein paar Kilometern wurde es dann zweispurig und ein bisschen ruhiger und plötzlich sprach mich auch jemand von der Seite an. Erst mal etwas überrascht erblickte ich dann Gerrardo neben mir...
Gerrardo ist seit 43 Jahren begeisterter Rennradfahrer, war auf ner kleinen Tour und als er mich sah, beschloss er mich ein Stück zu begleiten. Ziemlich schnell machte ich mir auch keine Sorgen mehr um den Verkehr, sondern um Gerrardo, dass er nicht vom Rad fiel. Denn bei jedem Anstieg musste er aus Rücksicht auf mich so langsam fahren, dass er bei seiner Übersetzung schon schwer ins Schwanken kam. Irgendwann bog er dann ab und ich durfte mich alleine den ersten kleinen Berg (300 Höhenmeter) hochschleppen. Doch mit ein, zwei Trinkpausen an kleinen Läden am Straßenrand ging es recht gut voran. Natürlich wollte jeder gleich wissen, wo ich herkomme und wo ich hinwolle?! Und auch sonst alles über Deutschland, Familie, Arbeit, ...
Nachdem der Anstieg geschafft war, ging es dann erst mal in langer Fahrt immer bergab in den Canyon Chicamocha. Dabei gab es immer wieder schöne Ausblicke auf den Canyon und ich stellte fest, dass mein Gepäck bergab ganz schön anschob. Trotz ständigem Bremsen war es eine Leichtigkeit über 50 km/h zu erreichen. Doch so schön die Abfahrt auch war, war mir durchaus bewusst, dass ich das alles auf der anderen Seite wieder hoch musste...

Auf dem Weg nach unten.


Wurde schon mal eng, wenn sich zwei Mulas auf meiner Höhe begeneten.

Blick auf den Anfang des Canyons

So schön hat sich die Straße meist nach unten geschlängelt.



Pause für mein Rad, bevor es dann wieder hoch ging...

Im Canyon angekommen.

Ursprünglich hatte ich mir überlegt, eventuell im Canyon zu übernachten. Als ich dann aber bereits um halb 1 ankam wollte ich noch weiter fahren und beschloss kurzerhand, die nächste Etappe noch mit dran zu hängen. Laut meines Führers sollte es von 600m auf 1300m hoch gehen, dann noch 100m bergab und ich sollte den nächsten Ort erreichen. Allerdings sollte sich das als Tippfehler herausstellen...
Los ging es dann aber erst mal mit einer stetig ansteigenden Straße entlang des Canyons nach oben. Bereits auf den ersten hundert Metern ging es los, dass ungefähr jedes vierte Auto/LKW/Motorrad anfeuernd hupte, mir winkte, den Daumen nach oben zustreckte oder etwas zurief. Anfangs erwiederte ich die grüße stets mit fleißigem zurückwinken, doch mit der Zeit ließ das immer mehr nach! Bereits nach weit über einer Stunde zeigten sich dann erstmal die Serpentinen, die ich mich hochschleppen musste. Eines der Hauptprobleme: entlang der kompletten Strecke gab es nur einen einzigen Laden mit Trinken (was ich nicht wusste, als ich den erreichte) und so gut wie keinen Schatten! So kam es dann auch, dass ich immer müder wurde und schon mit dem Gedanken spielte an der einzigen möglichen Stelle, einer Serpentine mit Marienstatue, zu übernachten. Allerdings hätte mir dann mein Wasser nie im Leben gerreicht. Das fing ja schon gut an, am ersten Tag! 

Da gings hoch, auf den kompletten 16 km kein einziges Stück ohne Anstieg!

Immerhin schöner Blick auf den Canyon!

Der einzig verfügbare Schatten...

 ...direkt in einer Serpentine bei einer Mareinstatue.

Nachdem ich mich dann mit einigen Pausen immer weiter hochgequält und die 1300m schon fast erreicht hatte, war jedoch immer noch weit und breit nichts von einem Dorf zu sehen. Irgendwann tauchten dann hinter einer Serpentine ein paar Gebäude auf und ich beschloss, bis dahin und nicht weiter! Als ich dann ankam, stellte es sich heraus, dass es ein Nationalparkeingang und daneben eine Polizeistation waren. Die Polizisten waren gleich interessiert, was ich den vorhatte und waren sofort bereit, mich neben ihrer Polizeistation zelten zu lassen. Ich konnte auch meine Wasservorräte auffüllen und musste aber mit David, einem der Polizisten, dafür am Abend noch ein bisschen auf englisch plaudern. Er ist nämlich der einzige vor Ort, der englisch spricht, und will es so oft wie möglich üben...

Mein Zeltplatz direkt am Nationalpark Chicamocha am Rand des Canyons

"Mein neuer Freund David", denn auch hier muss man sich gleich mit jedem über Facebook verlinken...
 

 Weiterhin traf ich dort noch zwei recht verrückte kolumbianische Jungs, die zu Fuß in der Gegend unterwegs waren. Raul und Jose lieben es zu wandern, ihre Eltern und Freunde verstehen das aber nicht und sagen, es sei Zeitverschwendung. Mit einem Motorrad zum Beispiel kommen sie viel schneller von A nach B. Als sie das erste Mal gemeinsam wandern wollten, rief die Mutter von Raul den Vater auf der Arbeit an, informierte ihn über die "sinnlosen" Pläne des Jungen und der setzte sich sofort auf sein Motorrad, holte die beiden an und zerrte Raul wieder mit nach Hause. Um den Ganzen diesmal zu entgehen, sind die beiden früh morgens um 4 aus den Häusern geschlichen, haben sich auf den Weg gemacht und ihre Eltern erst am nächsten Tag informiert, dass sie jetzt ein paar Tage unterwegs sind...
Abends kochten wir dann noch zu dritt gemütlich an einem Lagerfeuer und hatten recht viel Spass!

 

Sonnenuntergang am Canyon

Bilanz vorm ins Bett gehen, kein Sonnenbrand aber viel Dreck!

Meine Wecker am nächsten Morgen, die machen nen heiden Lärm!


Kurzer Nachtrag: Obwohl ich mich lange mit den Polizisten unterhalten hatte und super mit ihnen auskam, musste ich feststellen, dass dennoch ein gewisses Misstrauen oder eine Vorsichtigkeit bei den Menschen verwurzelt ist. Denn als ich abends mein Fahrrad in der Polizeistation unterstellen wollte, haben sie erst noch alle Gepäcktaschen genau auf Sprengstoff oder ähnliches untersucht. Auch haben mich die Polizisten und die beiden Jungs immer wieder darauf hingewiesen, dass ich sehr vorsichtig sein soll, da nicht alle Leute so freundlich seien wie sie. Leichtsinnig sollte man also trotz aller Gastfreundlichkeit nie werden!

1. Etappe: 55,5 km, 1887 m hoch, 1589 m runter, 0 m eben, max. Höhe 1292 m

Dienstag, 28. Januar

Am nächsten Morgen ging es dann erst mal weiter bergauf. Wie schon geschrieben, handelte es sich in meinem Führer um einen Druckfehler und so war nicht bei 1300 m der höchste Punkt erreicht, sondern nach weitern 2 Stunden auf 1977 m! Mittlerweile habe ich jedoch Kartenmaterial mit Höhenprofil, um derartiges in Zukunft vermeiden zu können. Bei diesem Anstieg ergab sich das gleiche Bild wie am Vortag, sehr heiß, wenig Schatten und ständig Aufmunterungen der Kolumbianer.
So kam es dann auch dass ich diese beiden Jungs an einem Straßenstand überholte, als sie sich gerade was zu trinken gekauft hatten. Sie sahen mich und feuerten mich gleich mal an. Ein paar hundert Meter weiter bergauf haben sie mich dann eingeholt und fuhren langsam neben mich ran. Und der hintere reichte mir doch tatsächlich einen Energiedrink, denn sie meinten ich brauch noch einiges an Kraft bis oben... Wahnsinn! Ich hab es natrlich gerne angenommen und die Jungs sind weiter gefahren. Weitere paar hundert Meter später hab ich sie dann wieder überholt, da sie sich jetzt nochmal eine Energiedrink für sich kauften und dort entstand dann dieses Bild...

Heute wollte ich ein Hungerloch auf jeden Fall vermeiden und bin mittags in einem Restaurant eingekehrt. Allerdings ging bei der Bestellung etwas schief, denn ich wollte mich definitiv nicht überfressen... Aber es war lecker!

Blick auf Aratoca, ein Städtchen unterwegs

Kurz vor meinem Etappenziel gab es am letzten Anstieg noch frisch gepressten Orangensaft!

2. Etappenziel: San Gil
 

Dort stand sogar noch der Weihnachtsbaum! :)

Abends gibt es oftmals Wahlveranstaltungen, im März sind hier Wahlen.

Auf dem Markt gibt es zum Frühstück leckere Obstsäfte!





Dass San Gil eine florierende Stadt ist, sieht man deutlich an dem neuen Einkaufszentrum, hier befindet man sich in einer anderen Welt!

San Gil bei Nacht

In San Gil wollte ich einen Tag Pause machen. Das Städtchen hat viel Charme und hatte mir bei meinem Besuch vor zwei Jahren schon sehr gut gefallen. Es gibt viel zu erleben (Rafting, Paragliding, Abseiling, Klettern,...) und zu sehen (Kolonialstadt Barichara, Wasserfälle, natürliche Pools,...), da ich jedoch vieles davon schon kannte, wollte ich einfach nur ausspannen und die Atmosphäre genießen...
Schließlich wurden es auch zwei Ruhetag, was allerdings an einem schlechten Grillspieß und einem Tag über der Kloschüssel lag.

2.Etappe: 42,4 km, 1575 m bergauf, 1743 m bergab, 60 m eben, max Höhe 1977m