29. Juli 2014

Tanguche - Yurcamarca - Yungay - Huaraz

Samstag, 24. Mai


Relativ früh machten wir uns heute wieder auf den Weg, denn von den anderen Radlern im Haus hatten wir erfahren, dass wir voraussichtlich Gegenwind bekommen würden und dieser im Laufe des Tages zunehmen würde. Leider bewahrheitete sich die Voraussage und da es das erste längere Stück immer direkt an der Küste entlang ging, waren wir diesem komplett ausgesetzt. Im abwechselndem Windschatten ging es dann also durch die extrem karge Wüstenlandschaft.



Das erste und letzte Mal, dass Peter das Meer auf unserer Reise sah. Voraussichtlich das letzte Mal bis Buenos Aires, dass ich das Meer sah.

Karge Wüstenlandschaft - links wie rechts der Straße.


Immer wieder begeneten uns solche vollbeladene LKWs,
da in dieser Gegend viel Zuckerrohr angebaut wird

Aber außer dem Verkehr war es recht einsam und öde...!

Nein, wir mussten zum Glück nicht durch den Sand fahren - noch hatten wir schönen Asphalt.


Mittags gab es dann noch eine Stärkung: Passend zur kommenden "Entenschlucht" gab es natürlich Ente.

Und dann hieß es für uns nach 80 km den Asphalt zu verlassen und auf eine Abkürzung einzubiegen. Es handelte sich um eine Privatstraße einer Miene - Radler dürfen aber problemlos passieren. Ab nun ging es also auf einer noch relativ guten Piste in Richtung Berge.


Tja, Peter zum dritten. Da hatten wir gerade die Hundert-Kilometer-Marke für den heutigen Tag gemeistert und wollten gar nicht mehr so viel weiter... Ob er doch zu viel Gepäck dabei hat?

Aber auch das war relativ schnell wieder geflickt und es ging weiter.

Schließlich kamen wir zum Flußtal des Rio Santa, dem wir dann weiter nach oben folgten.

Schließlich passierten wir noch ein kleines, komplett abgeschiedenes Dorf (Tanguche) und suchten uns dann kurz danach am Flussufer einen Zeltplatz. Abends stand dann das übliche auf dem Programm: "Dusche" im Fluss, Kochen, Essen, Schlafen... und Peter flickte Schlauch! Lediglich die tausend Glühwürmchen um uns herum waren neu.

44. Etappe: 111 km, 1194 m bergauf, 981 m bergab, höchster Punkt: 360 m, niedrigster Punkt: 0 m

Sonntag, 25. Mai

Dem Rio Santa folgten wir auch am heutigen Tag ein Stückchen. Auch hier ist wieder gut zu sehen, wie grün und fruchtbar meist die Flusstäler sind und wie karg die Landschaft darum herum.

Endlich konnten wir dann die Flussseite wechseln, denn auf der anderen Seite verläuft eine Asphaltstraße!

In den Genuss des Asphalts kamen wir jedoch nur wenige Kilometer - im Örtchen Chuquicara frühstückten wir, füllten unsere Vorräte auf und bogen wieder auf eine Schotterpiste Flussaufwärts ein.

Kleiner Einschub zum hiesigen Frühstück:
Geht man in ein Restaurant und fragt, ob sie Frühstück haben, sollte man sich immer erkundigen, was es denn gäbe. Anfangs bekam ich auf meine Frage nur ein "Ja", setzte mich an einen Tisch und wartete bis ich die Bestellung aufgeben konnte. Als die Bedienung kam, hatte sie jedoch schon das Frühstück für mich dabei: eine riesen Portion gegrilltes Fleisch, Reis, Kartoffeln und Spiegelei. Hier ist es üblich zum Frühstück extrem große Mahlzeiten, die wir nur zum Mittag essen würden, zu sich zu nehmen. Selbst wenn man dann "nur Spiegeleier" und "ein klein wenig Reis" bestellt, erhält man die Spiegeleier mit Unmengen an Reis - wie wir an diesem Tag in Chuquicara! Brot mit Marmelade o.ä. gibt es eigentlich fast nur in den touristischen Orten.

Langsam wurden die Berge richtig hoch...

...und das Tal zu einem Canyon.


Was soll ich sagen?! Peter zum Vierten! Aber er hatte ja am Vorabend noch fleißig geflickt, also wieder nur Ersatzschlauch eingebaut und weiter. Auf dem Foto lässt sich auch gut erkennen, dass wir hier leider auch immer wieder mal über sogenannte "Waschbrettpiste" oder auch "Wellblechpiste" fahren mussten, nach Sand wohl mit eine der schlimmsten Straßen, denn man wird ziemlich durchgerüttelt!

Tja, bei mir war es kein Platten, aber die Achillessehne des rechten Fußes bereitete starke Probleme, also Tape-Pause.

Karge, aber sehr interessante Gegend!

Hallo Mama! Zu deiner Beruhigung, auch Peter hatte manchmal Probleme beim Auf- und Absteigen. Gefallen ist er dabei allerdings nie. ;)

Der Canyon wurde teilweise ziemlich eng.

Und stetig ging es nach oben! Hier quälten wir uns die letzten Meter nach oben, um heute Nacht doch mal wieder in einem Bett zu schlafen - Sprich, das erste Mal seit wir mit dem Rad aufgebrochen waren.
Abendhimmel über Yurcamarca und über unserem Hostal (wir hatten es also noch bis zu einem Bett geschafft). Wir aßen mal zur Abwechslung Hühnchen mit Pommes und schauten dem Dorftreiben zu. Hier herrscht soviel Verkehr, dass die Kinder ohne Probleme auf der Hauptstraße Volleyball und Fußball spielen können.

45. Etappe: 82,6 km, 1766 m bergauf, 660 m bergab, höchster Punkt: 1399 m, niedrigster Punkt: 223 m

Montag, 26. Mai

Auf unserem Weg folgten wir auch heute zunächst wieder dem Fluss nach oben, stiegen dann aber deutlich schneller an und befanden uns dann irgendwann deutlich über ihm. Ständig ging es durch Tunnel - mal sehr kurz, mal ein bisschen länger, so dass es stockdunkel darin war. Natürlich kamen dann genau im längsten und dunkelsten Tunnel ein Auto entgegen und ein LKW von hinten. Das war durchaus ein bisschen angsteinflößend...!


Man fühlte sich nicht ganz so wohl, nah am Rand zu fahren - ich denke, ich muss nicht erwänen, dass ich die letzte Leitplanke vor langer Zeit gesehen hatte.

Einfach eine beeindruckende Landschaft!


Und dann waren wir durch, durch den Canyon del Pato.

Insgesamt war es zwar eine anstrengende, aber wahnsinnig beeindruckende Route in einer tollen Landschaft, die noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Das Tal wurde also wieder breiter und die schönste Nachricht: die Straße wieder asphaltiert. Zudem erblickten wir nun, da uns die Wände der Schlucht nicht mehr die Sicht verwehrten, die ersten schneebedeckten Gipfel!

Dies war nach Peters eigener Aussage "seine entspannteste halbe Stunde des gesamten Urlaubs"!

Auch wenn die Straße asphaltiert war und wir so leichter voran kamen, änderte sich das Bild der hiesigen Leute nicht: Die meisten leben in einfachen Verhältnissen.

Wir radelten noch weiter bis Yungay, um uns dort eine Unterkunft zu nehmen. Peter hatte die Wahl zwischen Zelt oder Hostal, konnte aber dann, im Hinblick auf unsere Trekkingtour und 7 Nächte im Zelt, dem Hostal nicht widerstehen. :)

46. Etappe: 63,7 km, 1586 m bergauf, 527 m bergab, höchster Punkt: 2446 m, niedrigster Punkt: 1202 m

Dienstag, 27. Mai

Am nächsten Morgen besuchten wir am Ausgang von Yungay noch eine Gedenkstätte, die zu Füßen des größten Berg Perus liegt, dem Huascaran. Hier ereignete sich aber eben auch eine der größten Naturkatastrophen Perus. 1970 kam von den Bergen eine gewaltige Schlammlawine herab, die das damalige Dorf Yungay komplett zerstörte. Insgesamt fielen diesem Unglück 18.000 Menschen zum Opfer. Der Ort Yungay wurde an fast gleicher Stelle komplett neu errichtet.

Heute erinnert unter anderem diese riesige Gedenkstätte an das Unglück.

Für uns ging es weiter in konstanter, aber sanfter Steigung entlang des Flusses mit Blicken auf eine gigantische Berglandschaft nach oben.

Während unserer heutigen Mittagspause hatten wir auch ein bisschen Zeit die einheimische Hutmode zu betrachten...
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Und dann nach einem vier Tage andauerndem Anstieg hatten wir es also endlich geschafft und sind in Huaraz auf 3100 m und somit auch an unserem gemeinsamen Reiseziel - zumindest was das Reisen mit dem Rad anbelangt - angekommen. Im Zimmer gab es dann ein letztes Mal unsere rituelle Inka-Kola zum "Feierabend"!

Eine geniale gemeinsame Radreise war hiermit zu Ende, aber wir hatten ja noch weiteres vor und so freuten wir uns schon auf unsere Trekkingtour mit anschließender Bergbesteigung, die wir nach einem (dringend benötigtem) Pausetag in Angriff nehmen wollten

47. Etappe: 59,0 km, 1091 m bergauf, 481 m bergab, höchster Punkt: 3081 m, niedrigster Punkt: 2438 m







20. Juli 2014

Grenze Ecuador/Peru - Suyo - Piura - Trujillo

Mittwoch, 21. Mai

Am nächsten Tag zeigte sich Ecuador glücklicherweise wieder von seiner trockenen Seite. Wir packten wieder unter neugierigen Blicken des Dorfes unser Zeug und machten uns auf den langen und vor allem extrem steilen Weg nach oben.

Serpentine an Serpentine, und da es so steil war, fuhren wir auch zusätzlich noch recht kurvig nach oben.

Nach mühsamen Stunden sind wir mittags endlich im Dorf oben angekommen!

Die Hörner kamen verdammt zielstrebig immer näher - kurz vorher hat er aber dann doch noch abgedreht. Zum Glück, denn weiter nach links wäre es auf der Straße nicht mehr gegangen.

Bevor es nun 2200 Höhenmeter bis auf fast Meereshöhe runtergehen sollte, genossen wir noch den Blick über die Wolken.


Dann ging es durch sämtliche Temperatur- und Vegetationszonen nach unten, hier im Nebelwald.

Zwangspause, denn es wurden gerade mal wieder die Folgen eines Erdrutsches beseitigt.

Unten angekommen hatten wir dann schwülwarmes Wetter und komplett andere Landschaft. In ständigem auf und ab ging es entlang eines Flusses...


... bis zur ecuadorianisch/peruanischen Grenze

Und auf peruanischer Seite wurde es dann endlich mal annähernd flach - ein Zustand, von dem ich schon fast nicht mehr zu träumen gewagt hatte! :) Aber am Ende dieses langen Tages stellte das dann trotzdem noch eine große Herausforderung dar, da unsere Vorräte sich dem Ende neigten und wir deshalb unbedingt noch den nächsten Ort mit Hotel und Restaurant (in diesem Fall Suyo) erreichen wollten. Schließlich hatten wir es auch noch vor Einbruch der Dunkelheit geschafft und gönnten uns für diese Tagesleistung wieder mal jeder eine große Flashe Inka-Kola!

Kurzer Nachtrag:
Ich habe im bisherigen Blog immer wieder mal von den hügeligen Strecken erzählt und musste mir daraufhin sowohl von meiner Mutter als auch von Peter einen kleine Rüffel einholen, da dies ihrer Meinung nach missverstanden wird bzw. die Strecke nicht richtig beschreibt. Hiermit will ich meine bisherige Ausdrucksweise näher erläutern:
     bergig   -->   ziemlich anstrengende, lange Anstiege
     hügelig   -->   bergig
     flach   -->   hügelig
     eben   -->   existierte bisher quasi nicht 
In Zukunft versuche ich die angepasste Erläuterung zu verwenden...! ;)

42. Etappe: 84,0 km, 1494 m bergauf, 2531 m bergab, höchster Punkt: 2592 m, niedrigster Punkt: 375 m


Donnerstag, 22. Mai


Nach Überquerung der Grenze konnte man anhand vieler Dingen einen Unterschied zwischen Ecuador und Peru erkennen. Grob gesagt, heißt es: was in Ecuador weggeschmissen wird, wird in Peru noch zu irgendwas verwendet. Und tatsächlich machte Peru direkt ab der Grenze einen ärmlicheren Eindruck.

Da wurde Peter mal wieder ausgebremst, so eine Schweinerei!

Absolut typisch für Peru: Tuk-Tuks und diese dreirädrigen Taxis

In einem Örtchen unterwegs legten wir eine Pause ein. Hier wagte Peter es endlich und versuchte sein Spanisch beim Eiskauf. Scheint auch geklappt zu haben, denn er kam mit einem Eis zurück. 


Recht gechillt hier...!

Geteert war meist nur die eine Hauptstraße, alles was davon abzweigte war Feldweg.

Meist recht einfache Hütten

Reisanbau unter Palmen

Nachdem es in Ecuador doch relativ gut war, wird hier ein Verantwortungsbewusstsein für die Umwelt wieder deutlich kleiner geschrieben.

Tja, da war es passiert: Peters erster Platten!

Aber halb so wild, in ein paar Minuten war der Schlauch gewechselt und wir konnten weiter fahren.

Angekommen in Tambo Grande versuchten wir dann herauszufinden, wie weit es denn noch bis zu unserem Tagesziel Piura ist. Aber nachdem wir keine klaren, sondern eher widersprüchliche Aussagen erhalten hatten, beschlossen wir vorsichtshalber für das letzte Stück einen Bus zu nehmen. Dies stellte sich jedoch als gar nicht so einfach heraus, denn man muss mal versuchen zwei Fahrräder mit 10 Gepäcktaschen in einem Bus zu verstauen, der nicht wirklich anhält, sondern immer langsam weiterrollt, um keine Zeit zu verlieren. Aber mit Hilfe von ungefähr 20 herumstehenden Männern, die uns vorher schon angestarrt und ausgefragt hatten, hatten wir auch diese Hürde schnell gemeistert.

In Piura wollten wir dann einen Nachtbus nehmen, der uns nach Trujillo bringen sollte. Zum einen hatten wir nicht genügend Zeit, um bis zu unserer geplanten Trekkingtour die komplette Strecke zu fahren, zum anderen gilt die Gegend südlich von Piura als sehr gefährlich für Radreisende und es wird immer wieder von Raubüberfällen berichtet. Außerdem ist diese Strecke auch landschaftlich stinklangweilig.

In Piura angekommen, die Schreinerstraße.

Ein weiteres Abenteuer - und zwar kein kleines! - war es, mit dem Fahrrad durch den Verkehr der zweitgrößten Stadt Perus zu fahren.

Bevor unser Bus fuhr, hatten wir noch ein wenig Zeit für einen Stadtspaziergang.

43. Etappe: 74,3 km, 530 m bergauf, 857 m bergab, höchster Punkt: 445 m, niedrigster Punkt: 65 m

Freitag, 23. Mai

Nach entspannter Fahrt kamen wir ziemlich früh in Trujillo an und schlugen uns noch ein bisschen die Zeit um die Ohren, bis wir schließlich in das Casa de Ciclistas (Haus der Fahrradfahrer) gehen konnten. Casa de Ciclistas gibt es in mehreren Städten weltweit und sie stehen den Radlern meist kostenlos oder gegen eine kleine Spende oder Unkostenbeitrag zur Verfügung. Meist gibt es Werkzeug oder eine kleine Werkstatt, Schlafplatz, Dusche, Küche und viele Informationen und Tipps. Bei Lucho in Trujillo waren mittlerweile mehr als 2000 Reiseradler zu Gast!
Wichtig zu wissen sind manche Regeln oder Gegebenheiten: So gibt es in dieser Casa nur Wasser von 8 - 18 Uhr. Peter gab mir diese Info allerdings erst weiter, als ich abends um 7 duschen wollte: "Hm, ich glaube die sagten was davon, dass es nachts kein Wasser gibt..." Danke, Peter! Naja, er musste ja neben mir im Zelt liegen...

Peter mit frisch gepresstem O-Saft, lecker!

Endlich im Casa de Ciclistas drin, stellten wir unser Zelt im unteren Bereich auf, da die Betten leider schon von anderen Radlern belegt waren. Peter testet gleich noch den Schlafplatz und macht ein wenig Buhbuh.

Neben ein bisschen relaxen stand auch Kultur auf dem Programm. Wir besuchten die Ruinen Chan Chan westlich von Trujillo, welche die Hauptstadt des präkolumbischen Chimu-Reichs darstellten und sich heute noch über 28 km² erstrecken.

Unsere private Führerin erklärt Peter etwas über die riesigen und sehr imposanten Lehmbauten.

Hauptplatz eine Tempels

Viele Verziehrungen mit Wellen und tierischen Symbolen...



Anhand dieses Sees/Tümpels konnten die Chimu bereits vor Jahrhunderten das Phänomen des El Nino voraussagen!

Auch das Zentrum von Trujillo mit seinem ungewöhnlich sauberem Hauptplatz ist ganz hübsch anzuschauen!



Viele Gebäude im Kolonialstil



Wieder zurück im Casa de Ciclistas konnten wir dann noch ein wenig ausruhen, bevor es am nächsten Tag in aller Frühe wieder aufs Rad gehen sollte. Peter musste jedoch noch seinen Schlauch flicken, denn ein Dorn hatte ihm seinen zweiten Platten beschert.