24. Februar 2014

Natagaima - Deserto de Tatacoa - Campoalegre

Dienstag, 11. Februar

Nachdem ich die Nacht unter meinem Moskitonetz mit viel schwitzen, aber ohne weitere Stiche überstanden hatte, ging es auch heute wieder sehr früh los. Es sollten mich ja mindestens die gleichen Temperaturen erwarten wie am Vortag, also wollte ich der größten Hitze möglichst entgehen.

 Möglichst früh aus den Federn, der innere Wecker steht bei 5:45 Uhr.

Wieder ging es entlang des Rio Magdalenas in einem ständigem auf und ab bis nach Aipe.
 

Dort sollte ich mit einem kleinen Kanu über den Fluß nach Villavieja übersetzen, allerdings musste ich mir zunächst mal den Weg zur Anlegestelle beschreiben lassen. Was sich als gar nicht so einfach erwies, da tatsächlich einige Dorfbewohner noch nie auf der anderen Seite des Flusses in ihrem Nachbardorf waren und deshalb auch die Anlegestelle nicht kannten! Zu ihrer Verteidigung: der Weg dorthin war auch alles andere als eine offizielle Straße! Der Kiesweg wurde zunächst immer schmaler, ging über in einen Sandweg und war schließlich nur noch ein etwas breiterer Trampelpfad und führte zu dieser "Brücke"...

 

Ja, da musste ich drüber, denn obwohl nicht wirklich viel Wasser in den Bächen drunter war, war es matschig und sumpfig und da wäre ich mit meinem Rad komplett versumpft. Also versuchte ich mich vorsichtig über die Brücke zu balancieren. Es war eine Mischung aus Löchern umfahren und über die einzelnen Brückenteile zu wippen. Denn diese waren nicht miteinander verbunden und wippten daher auf den Tonnen, auf denen sie befestigt waren. Nach diesem 5-minütigen Abenteuer war ich dann echt froh, ohne Sturz auf der anderen Seite angekommen zu sein! :)


Leider stellte ich fest, dass der Trampelpfad ab hier noch schmäler wurde und sich nach kurzer Zeit auch noch mehrmals gabelte...! Ich versuchte dem "intaktesten" Pfad zu folgen, musste aber mehrmals umkehren und erst als ich schließlich einen Mann traf (er kam gerade von der anderen Seite), konnte er mir den genauen Weg zum Fluss erklären. Die Anlegestelle war dann auch schließlich keine, sondern nur eine Kiesbank. Aber nach einer dreiviertel Stunde warten kam dann auch tatsächlich ein Kanu und mit vereinten Kräften brachten wir mich und das Fahrrad auf die andere Seite.

 




Angekommen in Villavieja, ein kleines und sehr ruhiges Dorf, das ohne die Wüste wahrscheinlich komplett vergessen werden würde, deckte ich mich nochmal mit Wasser ein und fuhr dann die restlichen 7 km bis zur Deserto de Tatacoa. Hier taucht man dann fast ein bisschen in eine andere Welt...

Noch am Eingang der Wüste mit Blick auf Villavieja, hier ist noch alles grün.

Dann wird es langsam karger und es gibt viele Kakteen...

... bis man schließlich in eine recht bizarre Welt eintaucht.



Nach diesem "roten Bereich" gelangt man dann über solche Wege...


... entlang großer Steppen...





... zu einem "grauen Bereich".



Leben in der Wüste...




Hier gibt es auch Kakteen mit leckeren Früchten - eine Frucht muss man jedoch immer dran lassen, sonst gibts keine neuen Früchte mehr.


Blick aus meinem Zelt auf das Abendrot.



10. Etappe: 78,3 km, 908 m bergauf, 817 m bergab, höchster Punkt: 529 m, niedrigster Punkt: 317 m


Mittwoch, 12. Februar

Deserto de Tatacoa - Campoalegre

Heute ging es zunächst wieder raus aus der Wüste, zurück nach Villavieja, und von dort in einem ständigen auf und ab nach Neiva. Da mir aber von mehreren Leuten gesagt wurde, dass Neiva nicht unbedingt das sicherste Pflaster sei und man nicht in die falschen Viertel geraten sollte, beschloss ich hier keinen Stopp einzulegen und fuhr weiter bis nach Campoalegre. In diesem ruhigen Städtchen fand ich dann ein relativ gutes Hotel. Hotel deswegen, da ich hier einen Pausetag einlegen sowie den nahegelegen Stausee anschauen wollte und so problemlos mein Zeug im Zimmer lassen konnte.

Vor eingebrochener Fahrbahn wird durch das dezente "Peligro" direkt davor gewarnt. Da sollte man nicht allzu schnell ankommen.

In Campoalegre bin ich dann in Antonios Hotel untergekommen und er hat sich gleich bereit erklärt, mich mit seinem Moped in der Gegend herumzukutschieren und mir den nahegelegenen Stausee zu zeigen.

Ja, das ist eine Straße, ...

... wie man auch hier bei diesem LKW sieht!


Die Staumauer, 80 m hoch.

Der Stausee wird jedoch nicht nur zur Energiegewinnung genutzt, sondern ein Teil der Bevölkerung lebt hier vom Fischfang.




11. Etappe: 75,1 km, 972 m bergauf, 877 m bergab, höchster Punkt: 551 m, niedrigster Punkt: 384 m

Freitag, 14. Februar

Campoalegre - Gigante

So langsam geht es nun wieder in etwas höhere Gefilde. Von meiner netten Unterkunftsbesitzerin verabschiedete ich mich noch recht herzlich und machte mich auf den Weg, am Stausee vorbei nach Gigante.

Blick zurück auf den Rio Magdalena sowie den Stausee.

Auch hier am Straßenrand macht sich bemerkbar, dass viele in der Region vom Fischfang leben.



Unwesentlich weiter entsteht ein zweiter Staudamm.

Unterwegs gab es auf der kurvigen Straße dann noch einen kilometerlangen Stau, an dem ich aber ohne Probleme vorbeifahren konnte. Den Grund bekam ich dann kurz später zu sehen...

Insgesamt war der Weg wie immer hügelig, aber Tendenz nach oben. Angekommen in Gigante konnte ich dann zum ersten Mal den Tipp der BiciChia-Jungs umsetzen und quartierte mich bei der Feuerwehr ein. Dort gab es sogar Küche, Klo und Dusche - wenn auch nicht im luxuriösesten Zustand. ;)



Die Dusche ist das Rohr aus der Decke


An dieser Stelle kann ich mal einen kleinen Zwischeneintrag machen:
Denn was für mich mittlerweile das Normalste der Welt ist und ich eigentlich deshalb nicht fotografiere, ist vielleicht für viele zuhause doch ganz interessant. So handelt es sich bei den Duschen in tieferen Lagen eigentlich grundsätzlich um ein Rohr, das aus der Wand kommt. Duschkopf, Warmwasser oder Druckregulierung sind da Fehlanzeige.
In höheren (also kalten) Lagen findet man dann meistens folgenden Warmwasserduschkopf. Dabei muss man jedoch meistens einen Kompromiss eingehen zwischen Wasserdruck, aber kalt und stärkeres Tröpfeln, aber warm...! ;)

Hier mal beide Beispiele - das Rohr aus der Wand sowie der "Warmwasserduschkopf"

Zurück in Gigante gibt es eigentlich hauptsächlich die riesige Ceiba auf dem Hauptplatz vor der Kathedrale zu erwähnen (Ob daher wohl der Name Gigante kommt?). Ansonsten herrscht hier extremer LKW-Durchgangsverkehr und ich war sehr froh, dass die Feuerwehr etwas entfernt von der Hauptstraße lag. 




12. Etappe: 56,1 km, 984 m bergauf, 755 m bergab, höchster Punkt: 936 m, niedrigster Punkt: 486 m

15. Februar 2014

 Chia - Tocaima - Natagaima

 Samstag, 8. Februar


Erst mal noch ein kleiner Nachtrag: Mein Fahrrad ist ja öfters mal ein Hingucker und meist werde ich gefragt, ob ich denn keine Gangschaltung habe, denn eine Nabenschaltung ist hier gänzlich unbekannt. Was ja auch nicht so ungewöhnlich ist. Aber selbst hier in Chia im Fahrradladen mit Top Mountainbikes und Rennrädern bis in sehr hohe Preisklassen wurde ich verwundert gefragt, was dann das schwarze runde Ding an meinem Lenker sei?!? Und das bestätigte meinen bereits gehegten Verdacht: eine Klingel kennt hier niemand!!! Denn egal wann ich sie bisher eingesetzt hatte, hatte wirklich niemand darauf reagiert (außer ein paar Kühe und Hühner. Die Jungs von BiciChia sagten mir, das höre sich an wie der Gasman, wenn der mit seinem LKW kommt und klingelt. Hätte ich mir also, zumindest in Kolumbien, sparen können... :)

Nach einem Tag Pause und zu Gast bei Alejandro und Marianna sowie im neuen Restaurant von Hector und seiner Mutter (auch da durfte ich natürlich nichts bezahlen) sollte es dann weiter gehen Richtung Girardot. Ich hatte mir an diesem Tag einiges vorgenommen, da ich zum einen ja ausgeruht war und es zum anderen ziemlich viel bergab gehen sollte. Also ging es wieder früh um 7 los. Diesmal jedoch nicht alleine, denn Hector wollte mich unbedingt das erste Stück begleiten und Alejandro beschloss kurzfristig, Marianna so halbwegs zu versetzen (eigentlich wollten sie nach Bogota, denn Mariannas Schwester kam von einem langen Frankreichaufenthalt zurück) und kam auch mit. So fuhren wir dann die ersten 1 1/2 Stunden zu dritt bis kurz hinter Mosquera. Als es dann jedoch einen recht sportlichen Anstieg von 6 km zu bewältigen galt, haben sich die beiden verabschiedet. Natürlich sehr herzlich und noch mit einigen Fotos...
 



Auf der Strecke nach oben waren leider sehr viele LKWs unterwegs, da sich weiter oben ein Müllberg sowie eine große Sandgrube befinden. Dennoch waren gerade auch hier wieder extrem viele Mountainbiker und Rennradfahrer unterwegs. Ist natürlich von Bogota aus eine gut zu erreichende Bergetappe.

So, und als ich dann endlich auf den kühlen 2758 m angekommen war, hieß es Bremsen nochmals checken und rein ins Vergnügen, denn dann ging es, mit kleineren Zwischenanstiegen, runter bis auf 374 m Höhe! Also durchquerte ich mit einer Abfahrt mehrere Klimazonen.
Zunächst war es oben sehr kühl und windig. Dann wurde es sehr schwül und feucht, was sich auch schön an dem Nebel (oder waren es Wolken?) sehen lässt. Die Landschaft glich jetzt eher einem Dschungel.

Dieses Tal ging es nach unten...!

In den tieferen Lagen gab es wieder Früchte in Massen!





Und "unten" angekommen war es dann drückend heiß! Nachdem ich feststellte, dass ich Girardot nicht mehr bei Tageslicht erreichen werde, beschloss ich mir eine Bleibe zu suchen. Da sich entlang der Straße nichts adequates finden ließ, beschloss ich zur Feier des Tages (das erste Mal 3-stellige km geschafft!), mir ein Hotel zu gönnen. Und in dem schönen kleinen Örtchen Tocaima war es wirklich schwer ein Hotel ohne Pool zu finden! ;) Also wurde es für ca. 6 Euro ein Hotel mit schön ausgiebigen Poolaufenthalt.
Tocaima ist nämlich anscheined vor allem bei den Leuten aus Bogota sehr beliebt, um sich "aufzuwärmen". Und so ist es hier vor allem am Wochenende und besonders in der Feienzeit ziemlich voll. Zu meinem Glück hatte gerade die Nebensaison begonnen und so hielten sich die Menschenmassen sowie die Preise sehr moderat!
In dem Dörfchen war es tatsächlich sehr gemütlich und so beschloss ich, nochmals einen Ruhetag zu machen und die Zeit zum Waschen, Pool besuchen und vor allem Blog schreiben zu nutzen. Einziger Nachteil: wieder eine Nacht mehr schwitzen, da es nachts kaum weiter als 25°C runterkühlt.
Eindrücke von Tocaima:

 Zunächst sah alles recht verschlafen aus...

...doch als es dann Nacht wurde...

... gabs Musik und Gesang...

...und wie immer viel Bier!

Aber auch geschufftet wurde nachts, aufgrund der angenehmeren Temperaturen. Hier werden die Supermärkte noch anders eingeräumt.
 
Ich habs versucht, aber sie wollten nicht mit mir sprechen...
 

Ich war leider zu langsam, 10 Sekunden vorher spielten hier noch zwei kleine Jungs am Stromkasten herum



8. Etappe: 116 km, 1140 m bergauf, 3299 m bergab, niedrigster Punkt 374 m, höchster Punkt 2758 m 


Tocaima - Natagaima

Also wieder gut erholt stand eine weniger anstrengende Strecke an, was das Höhenprofil anbelangte. Allerdings befand ich mich nun wieder so niedrig, dass ich extrem mit der Hitze zu kämpfen hatte. Bei Temperaturen tagsüber von über 35°C macht einem das schon ganz schön zu schaffen und man sollte auf jeden Fall genügend Wasser dabei haben. Aber auch ich habe von meinen Anfangsfehlern was gelernt und war bestens gerüstet!
Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte, war ein Wolkenbruch. Und jetzt weiß ich auch, warum das so heißt: innerhalb von 5 Minuten war die komplette Straße unter Wasser!

Glücklicherweise ließ mich Hernandez in seinem Haus warten bis der Regen aufhörte...

...und versorgte mich mit einem Stuhl, Wasser und Banane!

Und so ging es dann zwischen endlos langen Mais- und Reisfeldern relativ flach dahin und ich konnte tatsächlich mal über einen längeren Zeitraum ein hohes Tempo fahren. Das machte echt Spass und motivierte vor allem! Und so wurden es an diesem Tag trotz Hitze auch wieder über 100 km, bis ich in dem kleinem total verschlafenen Städtchen Natagaima ankam.

Wohin man schaute, gab es Reis...

...und die entsprechenden Fabriken
 







Rio Magdalena, der sollte mich jetzt noch einige Tage begleiten...!

 Unterwegs wurde ich allerdings auf offener Landstraße noch von einem Polizeiauto mit Blaulicht überholt, das dann vor mir an den Straßenrand fuhr und mir zu verstehen gab, dass ich auch anhalten sollte. Was war jetzt? Und gleich mit Blaulicht!?! Als dann drei Polizisten ausstiegen und auf mich zukamen, stellte sich heraus, dass einer von ihnen in naher Zukunft auch eine Radreise von Argentinien nach Kolumbien machen will und so wurde ich von ihm ein paar Minuten mit Fragen gelöchert und durfte dann schön brav weiterfahren. :) Als ich dann (mittlerweile ein bis zwei Stunden später) in Natagaima ankam, sprangen plötzlich an der Polizeistation zwei Polizisten auf die Straße und hielten mich abermals auf. Diesmal waren es jedoch wieder andere. Was war nun? So wurde ich zuerst befragt, was ich denn hier mache, ob ich herumreise, ob ich aus Europa sei... Und so stellte sich heraus, dass ich einem Spanier sehr ähnelte, der von seiner Familie vermisst wird und deshalb nun polizeilich gesucht wird. Als ich der Polizei mitteilte, dass ich erst am Vortag mit meinen Eltern Kontakt hatte, war jedoch alles gut. Und weil ich es so lustig fand, hab ich mir noch das Bild des vermissten Spaniers geben lassen und hab mir ne Unterkunft gesucht.

Er sieht mir also zum Verwechseln ähnlich! (Zur Verteidigung der Polizisten: Ich hatte das gleiche Trikot an!)

verschlafenes Örtchen mit unendlich viel Moskitos!


Eigentlich wollte ich ja die Feuerwehr aufsuchen, da ich den Tipp von den BiciChia-Jungs erhalten hatte - bei der Feuerwehr wird dir meistens geholfen, sei es nur mit einem Platz für dein Zelt oder aber auch mit Klo, Dusche oder Schlafpritsche. Da in dem komplett verschlafenen Natagaima auch die Feuerwehr komplett tot war, musste wieder eine billige Unterkunft herhalten.
Die Vermieterin hatte ich extra noch gefragt, ob es hier viele Moskitos gäbe, was sie deutlich verneinte. Nach einem kurzen Power-Nap konnte ich ihr mit meinen Füßen jedoch das Gegenteil beweisen. Worauf sie nur meinte: "Jaja, das ist oft so, dass die Touris recht verstochen werden. Sie bliebe jedoch immer verschont." Danke für die Aussage! Und da in diesem Ort wirklich gar nichts los war, habe ich mir nur noch das Moskitonetz notdürftig übers Bett gespannt und bin vermutlich so gegen 19 Uhr eingeschlafen...




9. Etappe: 116 km, 897 m bergauf, 943 m bergab, höchster Punkt: 422 m, niedrigster Punkt: 287 m