15. Februar 2014

 Chia - Tocaima - Natagaima

 Samstag, 8. Februar


Erst mal noch ein kleiner Nachtrag: Mein Fahrrad ist ja öfters mal ein Hingucker und meist werde ich gefragt, ob ich denn keine Gangschaltung habe, denn eine Nabenschaltung ist hier gänzlich unbekannt. Was ja auch nicht so ungewöhnlich ist. Aber selbst hier in Chia im Fahrradladen mit Top Mountainbikes und Rennrädern bis in sehr hohe Preisklassen wurde ich verwundert gefragt, was dann das schwarze runde Ding an meinem Lenker sei?!? Und das bestätigte meinen bereits gehegten Verdacht: eine Klingel kennt hier niemand!!! Denn egal wann ich sie bisher eingesetzt hatte, hatte wirklich niemand darauf reagiert (außer ein paar Kühe und Hühner. Die Jungs von BiciChia sagten mir, das höre sich an wie der Gasman, wenn der mit seinem LKW kommt und klingelt. Hätte ich mir also, zumindest in Kolumbien, sparen können... :)

Nach einem Tag Pause und zu Gast bei Alejandro und Marianna sowie im neuen Restaurant von Hector und seiner Mutter (auch da durfte ich natürlich nichts bezahlen) sollte es dann weiter gehen Richtung Girardot. Ich hatte mir an diesem Tag einiges vorgenommen, da ich zum einen ja ausgeruht war und es zum anderen ziemlich viel bergab gehen sollte. Also ging es wieder früh um 7 los. Diesmal jedoch nicht alleine, denn Hector wollte mich unbedingt das erste Stück begleiten und Alejandro beschloss kurzfristig, Marianna so halbwegs zu versetzen (eigentlich wollten sie nach Bogota, denn Mariannas Schwester kam von einem langen Frankreichaufenthalt zurück) und kam auch mit. So fuhren wir dann die ersten 1 1/2 Stunden zu dritt bis kurz hinter Mosquera. Als es dann jedoch einen recht sportlichen Anstieg von 6 km zu bewältigen galt, haben sich die beiden verabschiedet. Natürlich sehr herzlich und noch mit einigen Fotos...
 



Auf der Strecke nach oben waren leider sehr viele LKWs unterwegs, da sich weiter oben ein Müllberg sowie eine große Sandgrube befinden. Dennoch waren gerade auch hier wieder extrem viele Mountainbiker und Rennradfahrer unterwegs. Ist natürlich von Bogota aus eine gut zu erreichende Bergetappe.

So, und als ich dann endlich auf den kühlen 2758 m angekommen war, hieß es Bremsen nochmals checken und rein ins Vergnügen, denn dann ging es, mit kleineren Zwischenanstiegen, runter bis auf 374 m Höhe! Also durchquerte ich mit einer Abfahrt mehrere Klimazonen.
Zunächst war es oben sehr kühl und windig. Dann wurde es sehr schwül und feucht, was sich auch schön an dem Nebel (oder waren es Wolken?) sehen lässt. Die Landschaft glich jetzt eher einem Dschungel.

Dieses Tal ging es nach unten...!

In den tieferen Lagen gab es wieder Früchte in Massen!





Und "unten" angekommen war es dann drückend heiß! Nachdem ich feststellte, dass ich Girardot nicht mehr bei Tageslicht erreichen werde, beschloss ich mir eine Bleibe zu suchen. Da sich entlang der Straße nichts adequates finden ließ, beschloss ich zur Feier des Tages (das erste Mal 3-stellige km geschafft!), mir ein Hotel zu gönnen. Und in dem schönen kleinen Örtchen Tocaima war es wirklich schwer ein Hotel ohne Pool zu finden! ;) Also wurde es für ca. 6 Euro ein Hotel mit schön ausgiebigen Poolaufenthalt.
Tocaima ist nämlich anscheined vor allem bei den Leuten aus Bogota sehr beliebt, um sich "aufzuwärmen". Und so ist es hier vor allem am Wochenende und besonders in der Feienzeit ziemlich voll. Zu meinem Glück hatte gerade die Nebensaison begonnen und so hielten sich die Menschenmassen sowie die Preise sehr moderat!
In dem Dörfchen war es tatsächlich sehr gemütlich und so beschloss ich, nochmals einen Ruhetag zu machen und die Zeit zum Waschen, Pool besuchen und vor allem Blog schreiben zu nutzen. Einziger Nachteil: wieder eine Nacht mehr schwitzen, da es nachts kaum weiter als 25°C runterkühlt.
Eindrücke von Tocaima:

 Zunächst sah alles recht verschlafen aus...

...doch als es dann Nacht wurde...

... gabs Musik und Gesang...

...und wie immer viel Bier!

Aber auch geschufftet wurde nachts, aufgrund der angenehmeren Temperaturen. Hier werden die Supermärkte noch anders eingeräumt.
 
Ich habs versucht, aber sie wollten nicht mit mir sprechen...
 

Ich war leider zu langsam, 10 Sekunden vorher spielten hier noch zwei kleine Jungs am Stromkasten herum



8. Etappe: 116 km, 1140 m bergauf, 3299 m bergab, niedrigster Punkt 374 m, höchster Punkt 2758 m 


Tocaima - Natagaima

Also wieder gut erholt stand eine weniger anstrengende Strecke an, was das Höhenprofil anbelangte. Allerdings befand ich mich nun wieder so niedrig, dass ich extrem mit der Hitze zu kämpfen hatte. Bei Temperaturen tagsüber von über 35°C macht einem das schon ganz schön zu schaffen und man sollte auf jeden Fall genügend Wasser dabei haben. Aber auch ich habe von meinen Anfangsfehlern was gelernt und war bestens gerüstet!
Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte, war ein Wolkenbruch. Und jetzt weiß ich auch, warum das so heißt: innerhalb von 5 Minuten war die komplette Straße unter Wasser!

Glücklicherweise ließ mich Hernandez in seinem Haus warten bis der Regen aufhörte...

...und versorgte mich mit einem Stuhl, Wasser und Banane!

Und so ging es dann zwischen endlos langen Mais- und Reisfeldern relativ flach dahin und ich konnte tatsächlich mal über einen längeren Zeitraum ein hohes Tempo fahren. Das machte echt Spass und motivierte vor allem! Und so wurden es an diesem Tag trotz Hitze auch wieder über 100 km, bis ich in dem kleinem total verschlafenen Städtchen Natagaima ankam.

Wohin man schaute, gab es Reis...

...und die entsprechenden Fabriken
 







Rio Magdalena, der sollte mich jetzt noch einige Tage begleiten...!

 Unterwegs wurde ich allerdings auf offener Landstraße noch von einem Polizeiauto mit Blaulicht überholt, das dann vor mir an den Straßenrand fuhr und mir zu verstehen gab, dass ich auch anhalten sollte. Was war jetzt? Und gleich mit Blaulicht!?! Als dann drei Polizisten ausstiegen und auf mich zukamen, stellte sich heraus, dass einer von ihnen in naher Zukunft auch eine Radreise von Argentinien nach Kolumbien machen will und so wurde ich von ihm ein paar Minuten mit Fragen gelöchert und durfte dann schön brav weiterfahren. :) Als ich dann (mittlerweile ein bis zwei Stunden später) in Natagaima ankam, sprangen plötzlich an der Polizeistation zwei Polizisten auf die Straße und hielten mich abermals auf. Diesmal waren es jedoch wieder andere. Was war nun? So wurde ich zuerst befragt, was ich denn hier mache, ob ich herumreise, ob ich aus Europa sei... Und so stellte sich heraus, dass ich einem Spanier sehr ähnelte, der von seiner Familie vermisst wird und deshalb nun polizeilich gesucht wird. Als ich der Polizei mitteilte, dass ich erst am Vortag mit meinen Eltern Kontakt hatte, war jedoch alles gut. Und weil ich es so lustig fand, hab ich mir noch das Bild des vermissten Spaniers geben lassen und hab mir ne Unterkunft gesucht.

Er sieht mir also zum Verwechseln ähnlich! (Zur Verteidigung der Polizisten: Ich hatte das gleiche Trikot an!)

verschlafenes Örtchen mit unendlich viel Moskitos!


Eigentlich wollte ich ja die Feuerwehr aufsuchen, da ich den Tipp von den BiciChia-Jungs erhalten hatte - bei der Feuerwehr wird dir meistens geholfen, sei es nur mit einem Platz für dein Zelt oder aber auch mit Klo, Dusche oder Schlafpritsche. Da in dem komplett verschlafenen Natagaima auch die Feuerwehr komplett tot war, musste wieder eine billige Unterkunft herhalten.
Die Vermieterin hatte ich extra noch gefragt, ob es hier viele Moskitos gäbe, was sie deutlich verneinte. Nach einem kurzen Power-Nap konnte ich ihr mit meinen Füßen jedoch das Gegenteil beweisen. Worauf sie nur meinte: "Jaja, das ist oft so, dass die Touris recht verstochen werden. Sie bliebe jedoch immer verschont." Danke für die Aussage! Und da in diesem Ort wirklich gar nichts los war, habe ich mir nur noch das Moskitonetz notdürftig übers Bett gespannt und bin vermutlich so gegen 19 Uhr eingeschlafen...




9. Etappe: 116 km, 897 m bergauf, 943 m bergab, höchster Punkt: 422 m, niedrigster Punkt: 287 m